QM tut gut: Wie sich Architekten und Ingenieure wieder aufs Wesentliche konzentrieren können

Umgang mit Bedenkenanmeldungen des Auftragnehmers | Grundlagen einer rechtskonformen Objektüberwachung – Bauleitung in der Praxis (8)

Grundlagen einer rechtskonformen Objektüberwachung – Bauleitung in der Praxis

Architekten und Ingenieure übernehmen bei der Objektüberwachung gemäß HOAI Aufgaben des Auftraggebers. Dieser delegiert mittels Vollmacht an die beauftragten Büros, was diese zu leisten haben und wofür sie befugt sind, um handlungsfähig zu sein. Eine in der Praxis schwierige Rechtsmaterie.

Für die richtige Erfüllung der Bauleitungsaufgaben tragen die beauftragten Büros, wie bei allen anderen werkvertraglichen Planungsleistungen auch, die volle technische Verantwortung. Was geschieht aber, wenn sich die Bauleitung während oder nach der Bauausführung als mangelhaft erweist? Häufig haben Auftraggeber und Büros unterschiedliche Auffassungen darüber, was zu einer umfänglichen und mangelfreien Bauleitung gehört. Die in der HOAI genannten Grundleistungen sind nur ein Anhaltspunkt dafür, welche Aufgaben im Rahmen der Bauleitung zu erfüllen sind.

Die Schwierigkeit der Objektüberwachung liegt also mitunter in der Differenzierung des passenden Arbeits- und Überwachungsaufwandes. Die große Herausforderung für Architektur- und Ingenieurbüros besteht darin, die Bauleitungsaufgaben zum einen vollständig zu erbringen und zum anderen dennoch ein positives Ergebnis mit dieser Leistungsphase zu erwirtschaften.

Prof. Dr. Thomas Benz gibt exklusiv für den QualitätsVerbund Planer am Bau Tipps, wie Architekten und Ingenieure mit Bauleitungsaufträgen richtig umgehen.

Teil 8: Umgang mit Bedenkenanmeldungen des Auftragnehmers

Fachfirmen übernehmen für die Richtigkeit ihrer Leistungen die Gewährleistung. Die Qualität einer Leistung setzt sich dabei nicht nur aus der Summe von Material und handwerklicher Verarbeitung zusammen, sondern hängt auch von der Qualität der Vorleistungen anderer Gewerke ab. Dementsprechend besteht für ausführende Firmen die Verpflichtung, Vorleistungen zu prüfen. Werden falsche Ausführungen, die den Erfolg des eigenen Gewerks gefährden, erkannt, sind gemäß VOB/B § 4 Abs. 3 Bedenken anzumelden. Für die Bauleitung bedeutet dies, die Bedenken sorgfältig zu prüfen.

Ausführende Firmen nutzen das Instrument der Bedenkenanmeldung sehr unterschiedlich, manchmal sogar missbräuchlich. Nicht selten werden Bedenken angezeigt, um den Ausführungsbeginn zu verzögern oder sich aus der Gewährleistung zu ziehen. Auch werden gegen bestimmte Fabrikate, die der Handwerker nicht kennt oder schlechte Einkaufspreise hat, Bedenken angemeldet. Oft verlangen Fachfirmen dann von der Bauleitung eine schriftliche Freigabe für die eine bestimmte Ausführung. Hiervon ist dringend abzuraten. Für die Einhaltung von gewerkspezifischen, d.h. einschlägigen Verarbeitungsrichtlinien ist vor allem der Handwerker selbst verantwortlich. Das gilt auch für die Einhaltung der Verarbeitungsrichtlinien von Herstellern.

Für die Klärung von Bedenken gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die Bauleitung sollte in die Klärung möglichst alle Beteiligten einbinden, die davon betroffen sind.

Eine Möglichkeit, Klarheit über technische Lösungen oder besondere Ausführungsbedingungen zu bekommen, besteht darin, Produktberatungen von Herstellern in Anspruch zu nehmen. Selbstverständlich sind auch die planenden Architekten und die Fachplaner mit einzubinden. Auch sie schulden den Werkerfolg ihrer Detailplanung. Als letztes Mittel, das zeitlich und wirtschaftlich aufwendig, sind Sachverständige heranzuziehen.

Merke:

Da sich die Bauleitung zusammen mit den ausführenden Firmen in einer gesamtschuldnerischen Haftungsgemeinschaft befindet, stellen Bedenkenanmeldungen seitens des Auftragnehmers eine Chance für beide dar, zusammen die technisch beste Lösung zu finden.

Tipps für die Praxis:

  1. Bedenken ausführender Firmen sind inhaltlich sorgfältig zu prüfen.
  2. Überlegen Sie, worin die Motivation einer Bedenkenanmeldung liegt.
  3. Sind die Bedenken ausgeräumt, muss die Bauleitung dies noch einmal schriftlich festhalten, damit die Bedenkenanzeige formal abgewiesen ist (Abmeldung der Bedenkenanzeige).

Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. Thomas Benz Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. Thomas Benz

 

Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. Thomas Benz

studierte technisch orientierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität Stuttgart mit Schwerpunkt Baubetrieb, Controlling und Organisation. Anschließend promovierte er 2000 am dortigen Institut für Baubetriebslehre. Seit 2006 hat er die Professur für Baubetriebslehre, Bauwirtschaft und Schlüsselfertigbau an der Hochschule für Technik Stuttgart, zuletzt als Dekan. Neben praktischen Tätigkeiten in Bauunternehmen sowie Bauträgergesellschaften arbeitete er auch in Ingenieurgesellschaften, wo er u.a. das QualitätsZertifikt Planer am Bau einführte. Heute arbeitet er auch freiberuflich als Berater in der Baubranche (u.a. Prozessoptimierung, QM, Strukturentwicklung...), ist Beirat in einem mittelständischen Bauunternehmen und Mediator...

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