QM tut gut: Wie sich Architekten und Ingenieure wieder aufs Wesentliche konzentrieren können

Die sieben Verschwendungsarten in Bauplanungsbüros | GeeMco Götz Müller Consulting

Übersicht – TIM WOOD

Wenn man über die sieben Verschwendungsarten redet, lohnt es sich erst mal das Gegenteil klarzumachen, nämlich Wertschöpfung. Damit eine Tätigkeit als wertschöpfend bezeichnet wird, muss sie gleichzeitig drei Kriterien erfüllen:

  1. Die Tätigkeit muss eine Veränderung in einem Produkt oder einer Dienstleistung herbeiführen.
  2. Der Kunde muss bereit sein, dafür zu bezahlen. Die Veränderung, die Tätigkeit bzw. deren Ergebnis muss für ihn also einen Wert haben, d.h. einen Nutzen stiften bzw. ein Bedürfnis erfüllen. Das gilt natürlich für externe Kunden, aber vergleichbar auch für interne Kunden. Die Bezahlung muss nicht notwendigerweise in „normalen“ Zahlungsmitteln erfolgen. Im Fall von internen Kunden können es auch interne Verrechnungssätze sein.
  3. Die Leistung (an einem Produkt oder einer Dienstleistung) muss beim ersten Mal korrekt sein.

Die sieben Verschwendungsarten kann man sich am besten durch das Akronym TIM WOOD merken. Dieses steht für die Anfangsbuchstaben der englischen Bezeichnungen für die Verschwendungsarten.

 

T – Transport

I  – Inventory (Inventar/Lager)

M – Movement (Bewegung)

W – Waiting (Warten)

O – Overprocessing (Überbearbeitung)

O – Overproduction (Überproduktion)

D – Defects (Defekte/Fehler)

 

Diese sieben Verschwendungsarten wurden erstmals von Taiichi Ohno zusammengestellt, dem Begründer des Toyota Production Systems, was seit den 1980er Jahren in westlichen Unternehmen als Lean Management bezeichnet wird.

 

Das Akronym TIM WOOD soll hier keine Priorisierung der Verschwendungsarten enthalten. Taiichi Ohno selbst hat die folgende Reihenfolge bei der Vermeidung festgelegt.

  1. Überproduktion
  2. Warten
  3. Transport
  4. Überbearbeitung
  5. Bestände (Lager)
  6. Bewegung
  7. Fehler

In den folgenden Artikeln werden diese Verschwendungsarten beschrieben. Ich werde dabei kurz auf die ursprünglichen Formen in Industrieproduktionen eingehen und dann den Transfer in das Umfeld von Architektur- und Ingenieurbüros beschreiben. Seit einiger Zeit wurden noch zwei weitere Verschwendungsarten identifiziert, die in einem abschließenden Bonusbeitrag behandelt werden.

Transport

Was Transport im Grunde immer fehlt, ist die Veränderung einer Sache (außer dem physischen Standort). In der Regel sind Kunden (außer für Logistikdienstleistung) auch nicht bereit, dafür zu bezahlen. In vielen Fällen handelt es sich beim Transport um notwendige Aktivitäten, um ein Produkt zu erzeugen oder eine Leistung zu erbringen. Trotzdem zählt Transport zu den sieben Verschwendungsarten und sollte deshalb reduziert und möglichst eliminiert werden.

 

Transport betrifft nicht nur Waren und Rohstoffe, sondern auch Werkzeug und Maschinen – ebenso wie Informationen.

 

Beim Transport von Informationen ist dann ein guter Einstieg möglich, um die Relevanz für Planungsbüros zu prüfen.

 

Bzgl. Informationen sind mehrere Aspekte relevant, um die Transportverschwendungen zu erkennen und dann in der Folge angemessen damit umzugehen.

Informationsform

Die Informationsform betrifft einerseits (nieder)geschriebene Information oder gesprochene Information. Verschwendung tritt immer dann auf, wenn die Informationen von der einen in die andere Form umgewandelt werden. Dazu kommt noch die Gefahr des Informationsverlustes oder der Verfälschung. Definitiv wird aus der Informationsumwandlung kein Wert geschöpft, in vielen Fällen bemerkt es der Kunde nicht einmal. Wichtig ist, dass bzgl. der Informationsform Klarheit herrscht, ob die Information archiviert werden muss (dann ist die gesprochene Sprache denkbar ungeeignet) und wie die Information vom Empfänger verarbeitet werden muss. Speziell Sprachnachrichten mittels Messenger (Whatsapp, Facebook, iMessage u.a.) mögen zwar auf den ersten Blick Vorteile bei der (gefühlten) Transportgeschwindigkeit haben, sie ziehen aber in meinen Augen andere Probleme und Verschwendungen (Lagerung, Suchen, ...) nach sich, über die die wenigsten Anwender sich wirklich Gedanken machen.

Informationsmedium

Bei den Informationsmedien können analoge (Papier) und digitale Formen unterschieden werden. Auf Papier festgehaltene Informationen können zwar mittels Scannen und OCR-Technik auch in digitale Formen überführt werden, es bleibt aber immer noch die Gefahr der Verfälschung und Informationsverlust. Ein besserer Weg ist bspw. Informationen möglichst früh in digitaler Form verfügbar zu machen bzw. möglichst ausschließlich in digitaler Form verwenden (bspw. durch Datenerfassung mittels Tablets, durch Digitalisierung von Papierformularen). Bei papiergestützten Informationen steckt immer der langsamere Transportweg mit drin und die ggf. die Notwendigkeit Parallelbearbeitung durch später unnötige Papierkopien zu schaffen.

Informationssysteme

Am Ende der Informationskette steht meist der Mensch, teilweise auch am Anfang. Oft treten in der Informationskette Systembrüche auf, wenn Informationen aus einem System in ein anderes übertragen werden müssen. Nicht selten über so genannte Papierschnittstellen, bei denen im Extremfall digitale Informationen ausgedruckt und dann von Hand von einem System in ein anderes übertragen. Dabei ist sowohl der Zeitbedarf als auch die mögliche Informationsverfälschung oder der Informationsverlust kritisch zu beurteilen.

Informationsbezüge

Diese Problematik entsteht, wenn physische Güter von Informationen begleitet werden. Der klassische Lieferschein ist da oft ein typisches Beispiel und es entstehen Aktivitäten daraus, deren Sinn und Zweck viel zu selten hinterfragt wird – man hat es halt schon immer so gemacht.

Fazit

Beim Informationstransport ist es weniger der reine Transportvorgang, dessen physikalischer Anteil bzgl. Zeit und Übertragung mittlerweile keine echte Rolle mehr spielt (im Gegensatz zum Transport von Gütern, Maschinen usw.). Vielmehr sind es die mit o.g. Aspekten verbundenen Umwandlungs- bzw. Übertragungsvorgänge, die die eigentlichen Transportverschwendungen ausmachen.

 

Ein Weg, um die Informationsflüsse aufzudecken und gemeinsames Verständnis darüber zu erzielen, sind Wertstromdiagramme, die nicht nur den Fluss physischer Gegenstände enthalten, sondern auch die zugehörigen Informationen. Darüber hinaus müssen aber auch die Informationsflüsse in Unterstützungsprozessen beachtet werden, die nicht selten auch erheblichen Umfang haben können.

 

Eine wichtige Frage ist hier, wie auch bei allen anderen Verschwendungsarten auch, dreht sich um die Unterscheidung zwischen Wertschöpfung und Verschwendung. Dazu kann man sich einfach bzgl. einer Aktivität die Frage stellen, ob die Preise erhöht werden können, wenn von dieser Tätigkeit mehr gemacht oder sie schneller durchgeführt wird.

 


 

Götz Müller ist Ingenieur, Berater, Redner, Autor, Blogger und Podcaster Götz Müller ist Ingenieur, Berater, Redner, Autor, Blogger und Podcaster

Götz Müller

ist Ingenieur, Berater, Redner, Autor (NLP in der Lean-Praxis – Menschlich-soziale Erfolgsfaktoren für Lean, KVP & Co; Co-Autor weiterer Bücher), Blogger und Podcaster (Kaizen2go). Er beschäftigt sich schon seit 1998 mit Prozessoptimierung in unterschiedlichen Bereichen (Entwicklung, Produktion, Werkstatt, Baustellen und Verwaltung) und Branchen (Industrie, Dienstleistung, Baugewerbe und Handwerk) auf Basis von Lean und Six Sigma.

 

Als Berater ist er Ansprechpartner für die Geschäftsführung, Coach für Führungskräfte und Trainer für Mitarbeiter auf allen operativen Ebenen. Ihm liegt nicht nur der methodische Einsatz der Prozessoptimierung am Herzen, sondern auch die menschlichen, kulturellen und historischen Hintergründe und Grundlagen.

 

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